E-Invoicing im B2G: „Rechtlicher Flickenteppich und maximale Verwirrung für Rechnungssteller?“

Interview mit Christian Brestrich von B&L Management Consulting zum Impulstag Digitalisierung am 05.11. in Köln

Der Experte Christian Brestrich, Geschäftsführer der B&L Management Consulting GmbH erläutert Status und Herausforderungen bei elektronischem Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand. Er ist beim Impulstag Digitalisierung am 05.11. in Köln als Sprecher vor Ort und wird dort u.a. mit Dr. Richard Putz von Holzeisen Reich Oberthaler Putz, Stefan Groß vom VeR (Verband elektronische Rechnung) und Joerg Heidrich, Justiziar und Datenschutzbeauftragtem von Heise Medien umfangreiche Einblicke in bisherige Erfahrungen geben. Melden Sie sich gleich an:
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Blick in die Glaskugel: Wann kommt hierzulande eine Pflicht zum elektronischen Rechnungsaustausch B2B, B2C und B2G?


Christian Brestrich: „Dazu muss man die einzelnen Austauschvarianten betrachten: Im B2G-Bereich kommt ja teilweise bereits eine Verpflichtung. Alle anderen Bundesländer werden erst betrachten, wie viele elektronische Rechnungen ohne Verpflichtung eingereicht werden. Sollte diese Quote nicht befriedigend sein, kann ich mir durchaus vorstellen, dass eine flächendeckende Verpflichtung in den nächsten zwei bis drei Jahren kommt. Beim B2B-Austausch sind die Augen aus meiner Sicht auf Italien gerichtet. Sollte das verpflichtende Clearing-Modell, also der Ansatz, alle Rechnungen über eine zentrale Bundesstelle zu versenden und empfangen, tatsächlich zur Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug beitragen, werden sicher auch die deutschen Behörden darüber nachdenken. Bevor eine solche Regelung bei uns allerdings umgesetzt wird, vergehen sicher noch ein paar Jahre. Ich denke der Austausch elektronischer Rechnungen mit Endkunden wird keine Verpflichtung, allerdings sind ja bereits heute viele Unternehmen allein schon aus Kostengründen daran interessiert, diese Rechnungen zumindest als PDF per E-Mail zuzustellen.“


Welche Formate werden in Zukunft zulässig sein, inwieweit haben sie sich als praxistauglich erwiesen?


Christian Brestrich: „Im Bereich B2G in Deutschland sind aktuell die Formate XRechnung und ZUGFeRD 2.0 im Profil „EN16931“ zulässig (und ggf. weitere Formate, die der EU-Norm entsprechen). Bei der XRechnung handelt es sich um ein strukturiertes XML-Datenformat, beim ZUGFeRD existiert ebenfalls diese XML-Datei, allerdings ist sie in ein PDF-Dokument eingebettet, so dass man sich die für die Rechnungsprüfung notwendige zusätzliche Visualisierung sparen kann. Derzeit ist noch nicht abzusehen, welches Format sich wirklich durchsetzen wird, da die Markterfahrung fehlt. Aus meiner Sicht ist die XRechnung in der aktuellen Version nicht für den B2B-Austausch nutzbar, da diese Pflichtfelder enthält, die durch Unternehmen nicht ausgefüllt werden können. Ich denke daher, in der Wirtschaft wird es eher noch beim weit verbreiteten „normalen“ PDF oder eben bei der ZUGFeRD-Rechnung bleiben. Grundsätzlich wäre natürlich ein Austausch strukturierter Daten wie XML anzustreben, da dieser deutliche Einspar- und Automatisierungspotenziale bietet.“


Was sind die Probleme bei elektronischem Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen? 


Christian Brestrich: „Ich denke das größte Problem ist die unklare gesetzliche Lage in Deutschland. Derzeit haben nur der Bund und genau drei Bundesländer die entsprechenden rechtlichen Vorgaben. Für die Unternehmen ist also z.B. nicht klar, auf welchem Weg sie Rechnungen einreichen können oder ab wann sie das sowohl zeitlich als auch betragsmäßig überhaupt müssen. Weiterhin merke ich in meinem Kundenkreis, dass eine große Verwirrung bei den Formaten herrscht. Der Unterschied zwischen XRechnung, ZUGFeRD 2.0 oder sonstigen CEN-konformen Formaten ist kaum bekannt.“


Wie kommen deutsche Unternehmen mit den rechtlichen Vorgaben für B2G zurecht?


Christian Brestrich: „Aus meiner Sicht wissen viele Unternehmen noch gar nichts von den Regelungen, die sie erwarten. Das liegt zum einen natürlich an den oft noch fehlenden gesetzlichen Vorgaben, aber zum anderen scheinbar auch an fehlender Streuung der Informationen. Viele Unternehmen, die bereits heute eine Lösung zur Erstellung elektronischer Rechnungen nutzen, werden allerdings auch wenig Probleme damit haben, diese zukünftig an öffentliche Auftraggeber zu senden. Problematisch wird es vermutlich eher für KMUs.“

Sie sprechen von einem rechtlichen Flickenteppich, was sind die „Webfehler“, die dazu geführt haben?


Christian Brestrich: „Leider ist es Bund und Ländern in ihrer Arbeitsgruppe nicht gelungen, sich auf einheitliche gesetzliche Regelungen zu einigen. Insbesondere der Weg der Einreichung (Portal oder nicht) sowie die Verpflichtung der Lieferanten zur Abgabe der elektronischen Rechnungen sind die Punkte, die heißt diskutiert wurden und auseinander laufen werden. Aus Lieferantensicht ist das natürlich extrem unschön, da man genau betrachten muss, an wen, in welcher Höhe und über welchen Weg man elektronische Rechnungen senden kann oder sogar muss. Auch die Verwaltung verschiedenster Zugänge zu den einzelnen Landesportalen wird vorerst – bis zur Umsetzung des OZG und der damit verbundenen Vereinheitlichung des Zugangs – eine Herausforderung für die Lieferanten.“


Wie weit sind deutsche Unternehmen beim elektronischen Rechnungsaustausch?


Christian Brestrich: „Im B2B-Bereich sind Lösungen zur elektronischen Rechnungsbearbeitung bereits weit verbreitet. Dort geht es mittlerweile eher um Themen wie die konsequente Umsetzung des Purchase-to-Pay (P2P) Prozesses bis hin zum Aufbau gemeinsamer Austauschportale mit Lieferanten. Die Lieferung von strukturierten Datenformaten an öffentliche Auftraggeber sehe ich daher als überschaubare Herausforderung für viele Unternehmen. Natürlich wird auch hier wieder der Bereich der KMUs vor eine große Herausforderung gestellt, da dort oft noch eine Fakturierung über MS-Office-Produkte erfolgt. Wie diese Unternehmen zukünftig XRechnungen erstellen, muss sich erst noch in der Praxis zeigen.“


Worauf müssen sich deutsche Firmen bei der Digitalisierung ihres Rechnungswesens einstellen?


Christian Brestrich: „Grundsätzlich bietet die Digitalisierung des Rechnungsaustausches großes Nutzenpotenzial. Schlankere und effektivere Prozesse sollten das große Ziel der Unternehmen sein. Auch der Blick über den Tellerrand ist wichtig: Optimierte Beschaffungs- und Bestellprozesse sorgen dafür, dass auch die spätere Bearbeitung der Rechnungen wesentlich einfacher und schneller möglich ist. Erst damit lässt sich deutlich Zeit, aber auch Geld einsparen. Passende Partner gibt es dafür zahlreich am Markt – entweder als Full-Service-Dienstleistung oder im Rahmen der Anschaffung einer Software zur elektronischen Rechnungsbearbeitung.“


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Eindrücke von letzten Impulstag Digitalisierung im Juni sehen Sie hier:




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